Mittwoch, 13. Dezember 2017

Warum Versuche das Bargeld abzuschaffen zum Scheitern verurteilt sind

Dass die Abschaffung des Bargeldes einen schweren Eingriff in unser aller Leben darstellen würde, kann wohl kaum bezweifelt werden. Ohne Bargeld wären wir in der Tat restlos manipulier- und steuerbar. Wer sich poli­tisch unkorrekt verhält, dem würde das Konto gesperrt. Das wird nebenbei bemerkt sogar schon jetzt praktiziert, z.B. eröffnen viele Geschäftsbanken politisch rechts stehenden Parteien keine Zahlungsverkehrskonten. Oder wer Alkoholiker ist, dürfte in Zukunft keine Spirituosen mehr kaufen, Diabetiker keine zuckerhaltigen Lebens­mittel, Wohlbeleibte nichts fetthaltiges und keine Süßigkeiten usw. Jedem könnte der Kauf von jeder beliebigen Ware verboten werden. Und im Krisenfall brauchte man keine Lebensmittelkarten, denn man könnte jedem sein erlaubtes Kontingent auf elektronischem Wege zuteilen. Der staatliche Wille zur Abschaffung des Bargeldes scheint immer wieder in diversen Politikerreden durch und manifestiert sich derzeit in Kapitalverkehrskontrollen à la Zypern oder Maximalbeträgen für Bargeldzahlungen wie z.B. in Italien. Klassische Argumente sind u.a. der Kampf gegen die Kriminalität und gegen Steuerbetrug.
In der Praxis dürften aber alle Versuche zur Abschaffung des Bargeldes zum Scheitern verurteilt sein, was nicht heißt, dass es nicht von Staats wegen versucht werden könnte. Aber die Erfahrung im realen Leben zeigt, dass man den Menschen nicht vorschreiben kann, welches allgemeine Tauschmittel sie zu verwenden haben.
Ausschlaggebend für den Erfolg des staatlich bereitgestellten Bargeldes ist das Vertrauen für dieses Geld im Laden etwas kaufen zu können. Funktioniert das nicht, dann verlieren die Menschen das Vertrauen in das staat­liche Geld und suchen sich ein anderes Tauschmittel. Die Geschichte ist voll von Beispielen: Nach dem Zusam­men­bruch des Dritten Reiches war die Reichsmark immer noch gesetzliches Zahlungsmittel, aber das hat nie­man­den mehr interessiert. Einkaufen konnte nur, wer über die damals übliche „Zigarettenwährung“ verfügte oder andere Tauschgüter besaß. In der untergegangenen DDR dominierte das „Westgeld“ (üblicherweise die D-Mark) und in Teilen des ehemaligen Jugoslawien wurde die D-Mark sogar offizielles Zahlungsmittel.
Nun mag man einwenden, dass man ja für staatliches Buchgeld ebenso (fast) alles kaufen könnte, weil die Ge­schäfte verpflichtet wären dieses anzunehmen. Das würde allerdings nur für Personen gelten, die keinen Be­schränkungen unterliegen. Es gibt aber noch ein gravierenderes Problem: Gesetzliches Zahlungsmittel sind derzeit nur die physisch vorhandenen Geldscheine und Münzen (sowie Guthaben der Banken bei der Zentral­bank, was Privatleute aber nicht betrifft). Das Geld von Privatkunden auf den Girokonten der Geschäftsbanken ist kein gesetzliches Zahlungsmittel und derzeit ist kein Ladenbesitzer verpflichtet dieses als Zahlungsmittel zu akzeptieren, z.B. im Rahmen einer Kartenzahlung. Wollte man das nur buchmäßig existierende Giralgeld zum gesetzlichen Zahlungsmittel machen, dann müsste der Staat zwangsläufig nicht nur Zugriff auf sämtliche Banken und Bankkonten haben, sondern diese auch garantieren. Das käme einer umfassenden Verstaatlichung des Ban­kensystems gleich. Damit wäre man dann schon auf halbem Weg zur Planwirtschaft à la DDR oder Sowjetunion und Banken hätten den Status einer staatlichen Behörde. Folglich wird ein politisches System, welches sich der Illusion hingibt das Bargeld abschaffen zu können, dort landen, wo die DDR und die Sowjetunion gelandet sind: Auf dem Müllhaufen der Geschichte.
Bis es aber soweit wäre, würde noch eine Menge passieren. Unter anderem würden Schwarzmärkte entstehen, auf denen es praktisch alle Waren ohne das staatliche Zwangsbuchgeld zu kaufen gäbe, wenn auch zu höheren Preisen. Das nichtstaatliche, allgemeine Tauschmittel würde „spontan“ entstehen, wie Friedrich August Hayek sagen würde, d.h. es würde sich in relativ kurzer Zeit irgendein Gut als allgemeines Tauschmittel durchsetzen. Infrage kämen dafür, neben Edelmetallen oder Bargeld von Fremdwährungen, auch lang haltbare und lager­fähige Konsumgüter die nicht so einfach zu beschaffen oder herzustellen sind, wie z.B. Kaffee, Gewürze oder Spirituosen (oder eben Tabak). Diese Schwarzmärkte auszutrocknen dürfte ein sinnloses Unterfangen werden. Erinnert sei dazu beispielsweise an die Zeit der Prohibition in den USA. Sie wurde dort vor allem deswegen aufgegeben, weil im Umfeld des Schwarzhandels mit Alkohol eine bis dahin unbekannte Art von organisierter Bandenkriminalität entstanden war, die durch weitreichende Korruption von ganz unten bis in die Spitzen der Gesellschaft beinahe das politische System zum Einsturz gebracht hätte. Der Komponist Alec Wilder hat das Problem hervorragend umschrieben, als er die Aufhebung der Prohibition wie folgt kommentierte: „[..] eigent­lich hatte ich mich an den Gedanken gewöhnt, anrüchig zu sein.“ Nebenbei bemerkt gab es auch in anderen Ländern Alkoholverbote - insbesondere in Skandinavien - und überall sind sie gescheitert. Das Beispiel Prohibi­tion sollte daher allen Befürwortern von anderen, zweifelhaften Verboten eine Warnung sein, aber es wird ir­gendwann bestimmt jemanden geben, der dennoch versuchen wird das Bargeld abzuschaffen. Schließlich wur­den auch die nationalen Währungen Europas wider besseren Wissens abgeschafft und das Ergebnis ist bekannt.

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