Mittwoch, 13. Dezember 2017

Warum Arbeiter keine Sozialisten sein sollten

Friedrich August von Hayek, Wirtschaftswissenschaftler von Rang und einer der bedeutendsten Vertreter der sog. Österreichischen Schule, gilt vielen Zeit­ge­nos­sen als „Neoliberaler“. Dabei hat er schon in seinem 1944 erschie­ne­nen Werk „Der Weg zur Knechtschaft“ unter anderem auch auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die der Ein­zel­ne – auch und vor allem der Arbeiter – in einer sozialistischen Planwirtschaft hat und schlussendlich mit dem Verlust seiner Freiheit bezahlt.
In einer Planwirtschaft werden wirtschaftliche Entscheidungen von einer Planungsbehörde getroffen. Diese Be­hörde muss die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit lenken und daher auch über den Einsatz von Ressourcen zur Produktherstellung entscheiden. Eine wichtige Ressource ist natürlich die menschliche Arbeitskraft. Ohne sie lassen sich, trotz fortgeschrittener Mechanisierung, keine Güter herstellen. Über den Einsatz mensch­li­cher Ar­beits­kraft, also Ort und Zeitpunkt, müsste folgerichtig ebenfalls die Planungsbehörde entscheiden. Eine freie Berufs- und Arbeitsplatzwahl könnte es dabei nicht geben, denn die Ressource Mensch müsste dort eingesetzt werden, wo sie laut Plan benötigt würde. Für den Arbeiter bedeutet das, dass eine anonyme Behörde über seinen Beruf, die ihm zu­ge­wie­se­ne Arbeit, den Lohn und seinen Arbeitsort entscheidet.
Die Behörde könnte gar nicht anders als jedem eine Tätigkeit und einen Arbeitsplatz zuzuweisen, ob es dem Be­trof­fenen gefällt oder nicht. Wollte der Arbeiter die ihm zugewiesene Tätigkeit nicht machen, müss­te er einen An­trag auf einen Jobwechsel stellen, über den dieselbe Planungsbehörde zu befinden hätte, die ihm seine bis­he­ri­ge Tätigkeit zugewiesen hat. Sich auf eigene Faust eine andere Arbeitsstelle zu suchen, ist in einer Plan­wirt­schaft nicht mög­lich, denn der einzige Arbeitgeber ist der Staat in Gestalt seiner Planungsbehörde. Auch der Lohn wäre staat­lich festgelegt. Leo Trotzki hat in seinem Werk „Verratene Re­vo­lution“ das Problem wie folgt for­muliert: „In einem Lande, in dem der einzige Arbeitgeber der Staat ist, bedeutet Oppo­si­tion langsamen Hun­gertod. An die Stelle des alten Grundsatzes „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“, ist ein neuer getreten: „Wer nicht gehorcht, soll nicht essen.“
Mit Beruf und Arbeitsplatz wird indirekt auch über den Wohnort ent­schie­den. Letzteres gilt erst recht, wenn die Planungsbehörde auch noch über die Wohnungsvergabe bestimmt, was sie tun müsste, wenn sie einen Arbeiter in eine Fabrik versetzt, die von seinem aktuellen Wohnort zu weit entfernt liegt. Denn dann wäre ein Umzug nö­tig und mit der Arbeitsplatzzuweisung müsste der Betroffene auch eine neue Wohnung erhalten. Die Pla­nungs­be­hörde würde damit aber nicht nur über Arbeit und Wohnung ent­schei­­den, sondern auch über das soziale Um­feld des Arbeiters, seine Freizeitgestaltung bis hin zu seinem Freun­des­­kreis und Ehepartner, die ja auch vom Wohn­ort abhängen. Damit würde dem Einzelnen seine Stellung inner­halb der Gesellschaft komplett vom Staat zu­gewiesen und die Planungsbehörde müsste auch noch darüber befinden, ob der Betroffene überhaupt zu etwas taugt und wie viel er wert ist. Ein Einzelner der sich dagegen zur Wehr setzt, würde wahr­schein­lich schon bald mit der Begründung dem „Gemeinwohl“ (was immer dies sein mag) zu scha­den sank­tioniert werden. Der Schritt bis zur Einrichtung von Lagern für Zwangsarbeit wäre dann ein sehr kurzer.
In einer auf dem Wettbewerb beruhenden Gesellschaft steht und fällt die Bewegungsfreiheit des Einzelnen da­mit, dass dieser sich an jemand anderes wenden kann, wenn ein Wirtschaftsteilnehmer seine Bedürfnisse nicht befriedigen kann. In einer Planwirtschaft wäre jedoch die Planungsbehörde ein Monopolist, dem man nicht ent­rin­nen kann und der praktische alle Menschen vollständig in seiner Gewalt hat. Die Behörde würde darüber ent­scheiden wessen Bedürfnisse auf welche Art befriedigt würden und wie die Güterverteilung vorzunehmen wäre. Sie könnte jederzeit, wie es ihr passte, die eine Empfänger­grup­pe gegenüber einer anderen bevorzugen oder be­nach­teiligen. Damit wären die Menschen im Endeffekt abhängig von der Privatmeinung eines Einzelnen, der da­rüber entscheidet, welche Personen welchen Lohn und welche Güter erhalten sollen und welche nicht. Selbst die eigene Tüchtig­keit würde einem aufstiegswilligen Arbeiter nichts nützen, wenn z.B. der Neid der Planer größer wäre, als die Leistung des Betroffenen. Nichteinmal über seinen Urlaub könnte der Arbeiter selbst ent­schei­den, denn auch dies würde von der Planungsbehörde übernommen, die ihm einen Platz in einem Ferienheim o.ä. zu­weist, sofern er überhaupt einen bekommt.
Ein Arbeiter, der weder entscheiden kann welchen Beruf er ausüben will, noch darüber an welchem Ort und zu welchem Lohn er arbeitet, der sich seinen Wohnort nicht wählen darf, der möglicherweise auch noch gewisse Gü­ter zugewiesen bekommt (z.B. eine Wohnung, Ferienplätze oder ein Auto), sofern er sie überhaupt erhält, wird schon bald ein großes Maß an Unzufriedenheit empfinden. Diese Unzufriedenheit wird sich natürlich gegen den Verursacher richten, also gegen die Planungsbehörde und damit gegen den sozialistischen Staat. Dennoch hätte der Einzelne gegen eine allmächtige Planungsbehörde keine Chance. Die einzige Möglichkeit seine Lage zu verbessern be­stün­de für ihn darin selbst Teil der Planwirtschaft zu werden. Aber Verbesserungen eines Ein­zel­nen oder einer Gruppe können auch in einer Plan­wirt­schaft nur zu Lasten anderer gehen. Das Resultat wäre eine Planungsbehörde, die nur damit beschäftigt wäre die Lebens­situation ihrer eigenen Mitarbeiter zu ver­bes­sern, während alle übrigen die Leidtragenden wären. Diesen bliebe dann nichts anderes übrig als sich das Wohl­wol­len der Behörde durch Bestechung zu erkaufen. Es wäre dann nur eine Frage der Zeit bis eine solche Behörde in Kor­rup­tion versinkt. Um das wenigstens zu verlangsamen, wäre die Einführung von drastischen Strafen not­wen­dig – bis hin zur Prü­gel­strafe.
Eine Behörde die Entscheidungen treffen muss die derart weit in das Leben der Menschen hineinreichen, wie das bei einer Pla­nungs­behörde in einer Planwirtschaft der Fall ist, ist vor Fehl­ent­scheidungen und Willkür nicht ge­feit – erst recht, wenn auch noch Korruption ins Spiel kommt. Um sich jedoch der Loyalität der Bevölkerung zu versichern, müsste sie ihre teils recht abenteuerlichen Ent­schei­de recht­fertigen. Am besten wäre es natürlich, wenn der Plan als über jede Kritik erhaben und als unantast­bar dargestellt würde. Damit ist man dann aber nur noch um Haaresbreite von der Schaffung eines religiösen My­thos ent­­fernt, der natürlich auch den Einsatz un­po­pu­lärer Mittel rechtfertigt. Kritik unter Strafe zu stellen ist da­bei erst der Anfang. Der Arbeiter (und nicht nur er) dürfte folglich auch keine Kritik mehr an den herrschen­den Zuständen üben. Selbst ehrlich gemeinte Ver­bes­se­rungs­vorschläge könnten schon als „subversive Untergrabung der Arbeits­mo­ral“ angesehen werden.
Nebenbei bemerkt wären aber nicht nur für die Arbeiter, sondern auch für andere gesellschaftliche Gruppen die Folgen fatal, z.B. für Wis­sen­schaftler. Unabhängige Forschung und Wissenschaft würde unmöglich, denn es könn­te ja sein, dass deren Ergebnisse nicht mit der offiziellen Lehre übereinstimmen. Am Ende müs­sen dann nicht nur die Arbeiter, son­dern auch alle wissenschaftlichen Aktivitäten dem Staatsziel dienen.
Selbst in einem marktwirtschaftlich organisierten System können sozialistische Parteien großen Schaden an­rich­ten, denn es ist bei ihnen üblich die wirt­schaft­li­che Lage ihrer Wählerclientèle durch Subventionen oder andere Förderungen zu verbessern, um an der Macht zu bleiben. Den eigenen Unterstützern wird somit größtmögliche Sicher­heit gewährt, während die übrigen die Lasten zu tragen haben. Wer als Anhänger einer sozialistischen Par­tei daraus aber schlussfolgert, dass seine Partei ihn in einer Planwirtschaft weiterhin unterstützen würde, sei da­rauf hingewiesen, dass dieser Trick nicht mehr funktioniert, wenn - wie in einer Planwirtschaft - alle unter­stützt werden sollen. In einem Arbeiter- und Bauernstaat gibt es nun mal keine Kapitalisten mehr, zu deren Lasten die Unterstützung ersterer erfolgen könnte. Damit setzen dann die Verteilungskämpfe ein. Gleichzeitig aber wird eines der großen Ar­gu­mente für die Planwirtschaft – wirtschaftliche Sicherheit – ad absurdum geführt. Die Folge ist, dass ein Arbei­ter auch in einer Planwirtschaft nicht mehr wirtschaftliche Sicherheit hat, als in einer Markt­wirt­schaft, selbst wenn ihm sein Arbeitsplatz garantiert ist. Dieser nützt ihm nämlich gar nichts, wenn über die Zu­tei­lung der lebensnotwendigen Güter jemand entscheidet, auf den der einzelne Arbeiter so gut wie keinen Ein­fluss hat und der – zumindest theoretisch – jederzeit seinen Untergang be­schließen könnte (z.B. durch Entzug der Güter). Friedrich August von Hayek wusste dies alles schon in den 1940er Jahren.


Warum Versuche das Bargeld abzuschaffen zum Scheitern verurteilt sind

Dass die Abschaffung des Bargeldes einen schweren Eingriff in unser aller Leben darstellen würde, kann wohl kaum bezweifelt werden. Ohne Bargeld wären wir in der Tat restlos manipulier- und steuerbar. Wer sich poli­tisch unkorrekt verhält, dem würde das Konto gesperrt. Das wird nebenbei bemerkt sogar schon jetzt praktiziert, z.B. eröffnen viele Geschäftsbanken politisch rechts stehenden Parteien keine Zahlungsverkehrskonten. Oder wer Alkoholiker ist, dürfte in Zukunft keine Spirituosen mehr kaufen, Diabetiker keine zuckerhaltigen Lebens­mittel, Wohlbeleibte nichts fetthaltiges und keine Süßigkeiten usw. Jedem könnte der Kauf von jeder beliebigen Ware verboten werden. Und im Krisenfall brauchte man keine Lebensmittelkarten, denn man könnte jedem sein erlaubtes Kontingent auf elektronischem Wege zuteilen. Der staatliche Wille zur Abschaffung des Bargeldes scheint immer wieder in diversen Politikerreden durch und manifestiert sich derzeit in Kapitalverkehrskontrollen à la Zypern oder Maximalbeträgen für Bargeldzahlungen wie z.B. in Italien. Klassische Argumente sind u.a. der Kampf gegen die Kriminalität und gegen Steuerbetrug.
In der Praxis dürften aber alle Versuche zur Abschaffung des Bargeldes zum Scheitern verurteilt sein, was nicht heißt, dass es nicht von Staats wegen versucht werden könnte. Aber die Erfahrung im realen Leben zeigt, dass man den Menschen nicht vorschreiben kann, welches allgemeine Tauschmittel sie zu verwenden haben.
Ausschlaggebend für den Erfolg des staatlich bereitgestellten Bargeldes ist das Vertrauen für dieses Geld im Laden etwas kaufen zu können. Funktioniert das nicht, dann verlieren die Menschen das Vertrauen in das staat­liche Geld und suchen sich ein anderes Tauschmittel. Die Geschichte ist voll von Beispielen: Nach dem Zusam­men­bruch des Dritten Reiches war die Reichsmark immer noch gesetzliches Zahlungsmittel, aber das hat nie­man­den mehr interessiert. Einkaufen konnte nur, wer über die damals übliche „Zigarettenwährung“ verfügte oder andere Tauschgüter besaß. In der untergegangenen DDR dominierte das „Westgeld“ (üblicherweise die D-Mark) und in Teilen des ehemaligen Jugoslawien wurde die D-Mark sogar offizielles Zahlungsmittel.
Nun mag man einwenden, dass man ja für staatliches Buchgeld ebenso (fast) alles kaufen könnte, weil die Ge­schäfte verpflichtet wären dieses anzunehmen. Das würde allerdings nur für Personen gelten, die keinen Be­schränkungen unterliegen. Es gibt aber noch ein gravierenderes Problem: Gesetzliches Zahlungsmittel sind derzeit nur die physisch vorhandenen Geldscheine und Münzen (sowie Guthaben der Banken bei der Zentral­bank, was Privatleute aber nicht betrifft). Das Geld von Privatkunden auf den Girokonten der Geschäftsbanken ist kein gesetzliches Zahlungsmittel und derzeit ist kein Ladenbesitzer verpflichtet dieses als Zahlungsmittel zu akzeptieren, z.B. im Rahmen einer Kartenzahlung. Wollte man das nur buchmäßig existierende Giralgeld zum gesetzlichen Zahlungsmittel machen, dann müsste der Staat zwangsläufig nicht nur Zugriff auf sämtliche Banken und Bankkonten haben, sondern diese auch garantieren. Das käme einer umfassenden Verstaatlichung des Ban­kensystems gleich. Damit wäre man dann schon auf halbem Weg zur Planwirtschaft à la DDR oder Sowjetunion und Banken hätten den Status einer staatlichen Behörde. Folglich wird ein politisches System, welches sich der Illusion hingibt das Bargeld abschaffen zu können, dort landen, wo die DDR und die Sowjetunion gelandet sind: Auf dem Müllhaufen der Geschichte.
Bis es aber soweit wäre, würde noch eine Menge passieren. Unter anderem würden Schwarzmärkte entstehen, auf denen es praktisch alle Waren ohne das staatliche Zwangsbuchgeld zu kaufen gäbe, wenn auch zu höheren Preisen. Das nichtstaatliche, allgemeine Tauschmittel würde „spontan“ entstehen, wie Friedrich August Hayek sagen würde, d.h. es würde sich in relativ kurzer Zeit irgendein Gut als allgemeines Tauschmittel durchsetzen. Infrage kämen dafür, neben Edelmetallen oder Bargeld von Fremdwährungen, auch lang haltbare und lager­fähige Konsumgüter die nicht so einfach zu beschaffen oder herzustellen sind, wie z.B. Kaffee, Gewürze oder Spirituosen (oder eben Tabak). Diese Schwarzmärkte auszutrocknen dürfte ein sinnloses Unterfangen werden. Erinnert sei dazu beispielsweise an die Zeit der Prohibition in den USA. Sie wurde dort vor allem deswegen aufgegeben, weil im Umfeld des Schwarzhandels mit Alkohol eine bis dahin unbekannte Art von organisierter Bandenkriminalität entstanden war, die durch weitreichende Korruption von ganz unten bis in die Spitzen der Gesellschaft beinahe das politische System zum Einsturz gebracht hätte. Der Komponist Alec Wilder hat das Problem hervorragend umschrieben, als er die Aufhebung der Prohibition wie folgt kommentierte: „[..] eigent­lich hatte ich mich an den Gedanken gewöhnt, anrüchig zu sein.“ Nebenbei bemerkt gab es auch in anderen Ländern Alkoholverbote - insbesondere in Skandinavien - und überall sind sie gescheitert. Das Beispiel Prohibi­tion sollte daher allen Befürwortern von anderen, zweifelhaften Verboten eine Warnung sein, aber es wird ir­gendwann bestimmt jemanden geben, der dennoch versuchen wird das Bargeld abzuschaffen. Schließlich wur­den auch die nationalen Währungen Europas wider besseren Wissens abgeschafft und das Ergebnis ist bekannt.