Dass die Abschaffung des Bargeldes
einen schweren Eingriff in unser aller Leben darstellen würde, kann
wohl kaum bezweifelt werden. Ohne Bargeld wären wir in der Tat
restlos manipulier- und steuerbar. Wer sich politisch unkorrekt
verhält, dem würde das Konto gesperrt. Das wird nebenbei bemerkt
sogar schon jetzt praktiziert, z.B. eröffnen viele Geschäftsbanken
politisch rechts stehenden Parteien keine Zahlungsverkehrskonten.
Oder wer Alkoholiker ist, dürfte in Zukunft keine Spirituosen mehr
kaufen, Diabetiker keine zuckerhaltigen Lebensmittel,
Wohlbeleibte nichts fetthaltiges und keine Süßigkeiten usw. Jedem
könnte der Kauf von jeder beliebigen Ware verboten werden. Und im
Krisenfall brauchte man keine Lebensmittelkarten, denn man könnte
jedem sein erlaubtes Kontingent auf elektronischem Wege zuteilen. Der
staatliche Wille zur Abschaffung des Bargeldes scheint immer wieder
in diversen Politikerreden durch und manifestiert sich derzeit in
Kapitalverkehrskontrollen à la Zypern oder Maximalbeträgen für
Bargeldzahlungen wie z.B. in Italien. Klassische Argumente sind u.a.
der Kampf gegen die Kriminalität und gegen Steuerbetrug.
In der Praxis dürften aber alle
Versuche zur Abschaffung des Bargeldes zum Scheitern verurteilt sein,
was nicht heißt, dass es nicht von Staats wegen versucht werden
könnte. Aber die Erfahrung im realen Leben zeigt, dass man den
Menschen nicht vorschreiben kann, welches allgemeine Tauschmittel sie
zu verwenden haben.
Ausschlaggebend für den Erfolg des
staatlich bereitgestellten Bargeldes ist das Vertrauen für dieses
Geld im Laden etwas kaufen zu können. Funktioniert das nicht, dann
verlieren die Menschen das Vertrauen in das staatliche Geld und
suchen sich ein anderes Tauschmittel. Die Geschichte ist voll von
Beispielen: Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches war
die Reichsmark immer noch gesetzliches Zahlungsmittel, aber das hat
niemanden mehr interessiert. Einkaufen konnte nur, wer über
die damals übliche „Zigarettenwährung“ verfügte oder andere
Tauschgüter besaß. In der untergegangenen DDR dominierte das
„Westgeld“ (üblicherweise die D-Mark) und in Teilen des
ehemaligen Jugoslawien wurde die D-Mark sogar offizielles
Zahlungsmittel.
Nun mag man einwenden, dass man ja für
staatliches Buchgeld ebenso (fast) alles kaufen könnte, weil die
Geschäfte verpflichtet wären dieses anzunehmen. Das würde
allerdings nur für Personen gelten, die keinen Beschränkungen
unterliegen. Es gibt aber noch ein gravierenderes Problem:
Gesetzliches Zahlungsmittel sind derzeit nur die physisch vorhandenen
Geldscheine und Münzen (sowie Guthaben der Banken bei der
Zentralbank, was Privatleute aber nicht betrifft). Das Geld von
Privatkunden auf den Girokonten der Geschäftsbanken ist kein
gesetzliches Zahlungsmittel und derzeit ist kein Ladenbesitzer
verpflichtet dieses als Zahlungsmittel zu akzeptieren, z.B. im Rahmen
einer Kartenzahlung. Wollte man das nur buchmäßig existierende
Giralgeld zum gesetzlichen Zahlungsmittel machen, dann müsste der
Staat zwangsläufig nicht nur Zugriff auf sämtliche Banken und
Bankkonten haben, sondern diese auch garantieren. Das käme einer
umfassenden Verstaatlichung des Bankensystems gleich. Damit wäre
man dann schon auf halbem Weg zur Planwirtschaft à la DDR oder
Sowjetunion und Banken hätten den Status einer staatlichen Behörde.
Folglich wird ein politisches System, welches sich der Illusion
hingibt das Bargeld abschaffen zu können, dort landen, wo die DDR
und die Sowjetunion gelandet sind: Auf dem Müllhaufen der
Geschichte.
Bis es aber soweit wäre, würde noch
eine Menge passieren. Unter anderem würden Schwarzmärkte entstehen,
auf denen es praktisch alle Waren ohne das staatliche Zwangsbuchgeld
zu kaufen gäbe, wenn auch zu höheren Preisen. Das nichtstaatliche,
allgemeine Tauschmittel würde „spontan“ entstehen, wie Friedrich
August Hayek sagen würde, d.h. es würde sich in relativ kurzer Zeit
irgendein Gut als allgemeines Tauschmittel durchsetzen. Infrage kämen
dafür, neben Edelmetallen oder Bargeld von Fremdwährungen, auch
lang haltbare und lagerfähige Konsumgüter die nicht so einfach
zu beschaffen oder herzustellen sind, wie z.B. Kaffee, Gewürze oder
Spirituosen (oder eben Tabak). Diese Schwarzmärkte auszutrocknen
dürfte ein sinnloses Unterfangen werden. Erinnert sei dazu
beispielsweise an die Zeit der Prohibition in den USA. Sie wurde dort
vor allem deswegen aufgegeben, weil im Umfeld des Schwarzhandels mit
Alkohol eine bis dahin unbekannte Art von organisierter
Bandenkriminalität entstanden war, die durch weitreichende
Korruption von ganz unten bis in die Spitzen der Gesellschaft beinahe
das politische System zum Einsturz gebracht hätte. Der Komponist
Alec Wilder hat das Problem hervorragend umschrieben, als er die
Aufhebung der Prohibition wie folgt kommentierte: „[..] eigentlich
hatte ich mich an den Gedanken gewöhnt, anrüchig zu sein.“
Nebenbei bemerkt gab es auch in anderen Ländern Alkoholverbote -
insbesondere in Skandinavien - und überall sind sie gescheitert. Das
Beispiel Prohibition sollte daher allen Befürwortern von
anderen, zweifelhaften Verboten eine Warnung sein, aber es wird
irgendwann bestimmt jemanden geben, der dennoch versuchen wird
das Bargeld abzuschaffen. Schließlich wurden auch die
nationalen Währungen Europas wider besseren Wissens abgeschafft und
das Ergebnis ist bekannt.
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